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Ihr findet dieses Märchen in der Sammlung von Lisa Tetzner
"Die schönsten Märchen der Welt"und im Internet.

Zu Anfang dieser Märchenbetrachtung möchte ich betonen, dass es meine ureigene, subjektive Art und Weise ist, mit den Bildern, den Handlungen, den Stimmungen, den Märchenwesen umzugehen.

Ich erhebe keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit meiner Betrachtungen, und vielleicht entdeckt ihr sogar Widersprüche.

Mögen jedoch alle Interessierten sich vom Märchen selbst und meiner Interpretation inspirieren lassen, mit Herz, Bauch und Verstand genießen und dabei noch Neues und Eigenes entdecken.

 Und, liebe Leser, habt nicht den Anspruch an Euch, alles verstehen zu wollen oder zu müssen.

Gibt es eine echte blaue Rose? Ich habe noch nie eine gesehen, aber ich vermute, dass moderne Rosenzüchter in ihrer Grenzenlosigkeit bestimmt schon eine geschaffen haben.


Und damals vor langer, langer Zeit gab es sicher keine, oder etwa doch!?

Was ist alles möglich in dieser unendlichen Märchenzeit, in der  es keinen Anfang und kein Ende gibt, in der die Zeit zeitlos ist und ganz anderen Gesetzen unterworfen, als den schulwissenschaftlichen.

Es war vor langer Zeit und geschieht gleichzeitig jetzt in diesem Augenblick.

Ich möchte dieses Märchen auf der Seelenebene und vielleicht auch noch darüber hinaus betrachten. Und da ist für mich der Grundausgangspunkt die Aussage: Das Märchen spricht in Seelenbildern, in Urseelenbildern, die existieren, seit es Menschenwesen gibt. Sie waren gültig vor tausenden von Jahren und sind es heute noch. Sie weben durch unzählige geschichtliche, politische, kulturelle, religiöse Menschheitsentwicklungen hindurch, sind völlig unabhängig von Entwicklungsstand oder oder der Hautfarbe. Sie sind und bleiben lebendig in der Seelenwelt jedes einzelnen Menschen, ob es ihm bewusst ist oder nicht.


Ich weiß noch nicht, wie sich mir dieses Märchen nun offenbaren möchte. Ich weiß nur, dass ich  es liebe und es zu sehr berührenden Anlässen erzählt habe.

So bin ich nun selber gespannt, was bei dieser Betrachtung herauskommt, was aus meiner Feder fließen möchte.


Wo fange ich an?

Packe ich doch einfach mal einen klitzekleinen Zipfel  wie bei einer mir noch verborgenen Decke. Ich ziehe langsam, behutsam, kontinuierlich bis sie ganz ausgebreitet vor mir liegt.

Danke an alle Märchen"engel"wesen, die mich dabei unterstützen.

Beginne ich beim Kaiser. Er steht in der Hierarchie noch über dem König.


 Wo gibt es solch einen Kaiser in meiner Seele!?


 Er ist alt, sehr mächtig und spürt, dass seine Zeit bald abgelaufen ist. Doch er hat einen Sohn und eine Tochter.

Der Sohn wird nur kurz erwähnt ( Er hat seine weibliche Seite, seine Frau schon gefunden, sich vermählt und ein Kind bekommen).

Aber die Kaisertochter ist die Heldin des Märchens, also das junge Weibliche, das Schöne, Reine, Edle und Weise.

Es wird beschrieben, dass sie strahlende Augen hat (Lebendigkeit), zarte Füße (in China Sinnbild für vollendete Weiblichkeit, wichtiger als ein hübsches Gesicht) silberglockenhelles Lachen (Fröhlichkeit) und wohl auch eine reine Seele.

Aber auch Klugheit  wird erwähnt, verbunden mit der Gabe, die Lieder der alten Meister auf wunderbare Weise zu singen ( Altes Wissen in sich  tragen,  verstehen und den Menschen nahe bringen, wie sonst niemand).


Wunderbar für mich zu wissen, dass auch ich all diese Märchenwesen mit ihren ganz speziellen Eigenschaften als Seelenanteile in mir trage und sie lebendig in mir sein lassen darf. Ich spüre auch, wenn ich dieses Märchen erzähle, dass genau dieses Erfahren in mir anklingt.  

Aber weiter geht`s.

Warum will dieses vollkommene, zarte, junge Weibliche sich erst mal nicht mit dem Männlichen verbinden!?


Ist die Antwort, die mir gerade dazu kommt, wirklich so einfach? Und entdecken wir uns nicht alle in dieser Antwort?

 
Würde sie sich auf das für ihre Kultur und ihre Zeit typische Männliche einlassen, müsste sie gerade das, was ihr Wesen ausmacht, aufgeben, einschläfern, ja sterben lassen. Sie hat den Mut auszubrechen aus den selbstzerstörerischen Konventionen, die ihr von ihrem mächtigen Vater und ihrer Umgebung auferlegt wurden.


Und ich, haben meine entsprechenden Seelenanteile auch den Mut und die Möglichkeit aus der Gefangenschaft auszubrechen? Laß ich es zu?

 
Nun hat sie aber trotz dieses Vaters und allen äußeren Umständen gerade diese Eigenschaften entwickeln können, die ihr bei ihrem ureigenen Weg halfen. Hat es ihr Vater ganz bewusst zugelassen? Hat sie die Eigenschaften entwickeln können trotz ihres Vaters  oder  wegen ihres Vaters?
 

Würde das für mich heißen, dass trotz oder gerade wegen bestimmter innerer und äußerer,  Umstände ich mein Leben selbst bestimmen kann, auch übertragen auf mein Seelenleben?!

Ist ja wunderbar.

 
Das wahre vollkommene Weibliche im Menschen sehnt sich nach dem wahren vollkommenen Männlichen, um so zur Einheit und Krönung zu gelangen. (Natürlich gilt das Gesetz auch andersherum. Aber in diesem Märchen sehnt sich das Weibliche. Und ist diese Sehnsucht groß genug, ist alles möglich.


Diese Kaisertochter mit ihren klassischen weiblichen Attributen hat aus welchen Gründen  auch immer, die Kraft, die Energie, den Mut und die Handlungsbereitschaft ( eigentlich alles männliche Eigenschaften), dieser so starken Sehnsucht nach dem wahrhaft Männlichen nachzugeben, und sie hat sich durch nichts und niemanden beirren lassen.

Ihr Stolz, in diesem Fall das Erkennen ein absolutes Wesen zu sein, ihr sicheres Wissen, dass sie ihr Ziel erreichen wird, brachten sie dazu, nicht nachzugeben, sich nicht blenden zu lassen.

Und obwohl sie vom Kaiservater gezwungen wurde, endlich zu heiraten, hat er letztendlich doch ihr die Wahl überlassen und diese für ihn wohl seltsame Aufgabe, eine blaue Rose zu finden, akzeptiert.

Sie hat in ihrer Klugheit (Höherer Verstand) genau gewusst, wie sie es anstellen kann, trotz der äußeren Umstände ihren Seelenpartner zu finden. Welcher Mann es schafft, ihr eine blaue Rose zu bringen, das durch die blaue Farbe verschlüsselte Sinnbild der Liebe, ist es auch wert ihr Gemahl zu werden, denn er ist fähig, sich mit der vollkommenen Weiblichkeit zu verbinden und eins zu werden.

 
Wie klug doch meine Seelenanteile sind. Ich sollte sie viel öfter frei agieren lassen.


Viele Freier haben sich eingestellt.

Drei  sind übriggeblieben, um sie zu umwerben. Die anderen waren sowieso zu schwach und haben sich selbst durchs Raster fallen lassen, weil sie gleich oder zu früh aufgegeben haben.

Drei Freier, ein schlauer, erfolgreicher Kaufmann, ein starker Krieger, ein geschickter Staatsmann haben ihre vertrauten Mittel eingesetzt und völlig versagt.


Passiert mir doch auch oft genug, dass ich den intelektuellen Verstand, das Ego, äußere, ungeduldige Handlungskraft einsetze und alles schwierig wird und nicht gelingt, d.h. aktiv werden wollende Seeleanteile(Vertrauen, Geduld, Weisheit, Intuition usw.) einfach ignoriere.
 

Sie, die Freier, haben nicht erkannt, dass nur die bedingungslose, naive, alles einschließende Liebe den wahren Partner  finden kann.

Die Rose ist das Sinnbild der Liebe. Die Kaisertochter wusste es.

 
Dann kam der Straßensänger. Was war das für eine wertlose, verwerfliche Kreatur im Vergleich zu den drei Freiern mit ihren gesellschaftlichen Stellungen. Und er war naiv, zufrieden, hat nichts gewusst von der Geschichte mit der blauen Rose.

 
Beachte ich dieses naive, ungebildete Wesen, den Straßensängesr in mir!? Erkenne ich seine göttlichen Gaben, seine Musik,  seine Lieder und sein Talent,  einfach nur bedingungslos zu sein.


Vielleicht hat er nicht einmal gemerkt, dass er an der Mauer des kaiserlichen Gartens gerastet hat. Er hat sich nur der Natur, dem Untergang der Sonne, seiner Laute, seine Liedern, seinen Sinnen, der Gegenwart hingegeben. Und in dieser bedingungslosen Hingabe sind diese zauberhaften, magischen Worte aus ihm herausgeflossen und haben die Prinzessin erreicht.  Dieser magischen Energie konnte sie sich nicht entziehen, und ihre Liebessehnsucht hat sie handeln lassen. Es ging gar nicht anders. Sie wusste, dass die blaue Rose nahe war.

Das wahrhaft Männliche hat das wahrhaft Weibliche angezogen.

 Zwar hat sich noch mal kurzfristig Zweifel gemeldet mit ihrem Einwand, als der Straßensänger ihr gesagt hat, dass er um ihre Hand anhalten wolle.

Doch dann war alles leicht.

 Eine weiße, lichtvolle, taufrische Rose wurde lächelnd mit der größten Selbstverständlichkeit vom Straßensänger gebrochen. Nicht im prachtvollen Palast, nein schlicht und einfach am Straßenrand.

Die Prinzessin hat sie sofort erkannt. Es war ihre blaue Rose. Die Aufgabe war erfüllt,

Und siehe, die göttliche Macht der Liebe hat den Kaiser begreifen, verstehen lassen.

Die Macht der Liebe, frei von allem Materiellen, Kulturellen, von jeglichem Bildungs- und Gesellschaftsstand ( Propheten, Minister, Astrologen) und frei von jeglichem religiösen Verständnis hat gesiegt.

Die Kaisertochter und der Straßensänger waren glücklich vermählt, vereint. Ihre unzähligen , weißen Rosen in ihren Gärten  konnten sie zeitlebens blau nennen.

Und der Kaiser war zufrieden und hat sich gerne von den Liedern und der Musik seines Schwiegersohnes inspirieren lassen.

 Ob er von nun an sein Land anders regiert hat, und ob der Straßensänger vielleicht sogar der neue Kaiser wurde?

 Wer weiß!? 

Möge die Kaisertochter in meiner Seelenwelt den Freier bekommen, der ihr die blaue Rose bringt und sich mit ihr vermählen.

Möge es gelingen, all die unzähligen, weißen Rosen in mir stets blau zu nennen.

Und mögen mich all die anderen Freier mit ihren Geschenken nicht betören oder einschläfern.

Möge der alte Kaiser in meinem exotischen, oft auch chaotischen Seelenland sich von der Musik und den Liedern meines Straßensängers inspirieren lassen und mein Seelenland in Liebe und Freiheit, Harmonie und Frieden regieren.

Dieses Märchen wurde für mich „Das Hochzeitsmärchen“ schlechthin.

 Möge es den Brautpaaren des Seelenlandes ebenso dienen wie den Paaren der materiellen Welt.  

Damit ist diese, meine ganz spezielle Betrachtung zu Ende, und ich weiß wohl, dass sie nur ein Ausschnitt und dazu noch ein subjektiver sein kann.

Das Märchen ist unergründlich.
 


Diese Betrachtung ist "geistiges Eigentum" von E. Galitschke, bitte achtsam damit umgehen.